Am 23.11.2020 wurde Hans „Johnny“ Leitner im 84. Lebensjahr vom Covid19-Virus endgültig von den Fußrasten geholt. Auch wenn andere stärker und öfter im Scheinwerferlicht der öffentlichen Aufmerksamkeit standen, zählte er zu den bedeutendsten Persönlichkeiten der österreichischen Motorradszene!

In der Szene als „Johnny“ oder „Big John“ bekannt, wurde er 1937 als erster von vier Söhnen in Aflenz bei Bruck/Mur geboren. Die Jahre bis 1945 waren geprägt von einigen Übersiedelungen und den Geburten seiner Brüder Georg, Horst und Ulli. Drei Jahre später hat die Jungfamilie in Greith unter der Federführung von Mutter Flora Leitner das erste Wirtshaus gepachtet. 

Ein Zitat aus seinem selbst verfassten Lebenslauf beschreibt die Kindheit von Johnny anschaulich:

„… Im März 1948, es schneite sehr stark, blieb der Linien-Bus auf der Hochleiten, ein Paß vor Greith … ohne Dieselöl stehen. Der Chauffeur kam zu uns ins Gasthaus um sich etwas Diesel auszuleihen. Aber wie soll er den Diesel zu dem 3 km entfernt stehenden Postbus bringen? Vater Leitner war nicht zu Hause, sonst konnte niemand in der Familie mit dem Traktor fahren. Also holte man mich aus der Schule um den Chauffeur samt Kanister auf die Paßhöhe zu bringen. Der Traktor hatte kein Dach, aber bei Schneefall fuhr ich in kurzer Lederhose hinauf zur Hochleiten. Der Postchauffeur saß neben mir auf dem Kotflügel und fror trotz Uniform fürchterlich. Er war am nächsten Tag krank, mir fehlte nichts. Übrigens: Im Autobus saß der Postenkommandant von Weichselboden. Auch er war froh, als es endlich wieder weiterging…“

Die in jenen Tagen übliche Mitarbeit von Kindern zu Hause und die Vorliebe von Hans für das Traktorfahren und -reparieren gingen auf Kosten von schulischen Erfolgen. Rückblickend auf seine Lehrzeit als Maschinenschlosser in der Werkschule Böhler in Kapfenberg hielt Johnny in seinem Lebenslauf fest: „… Für mich aber ist das Maschinenwesen nicht mein Ideal, schon gar nicht neue Entwicklungen… Bei mir ist das Pflegen und Instandhalten von Vorhandenem plus damit optimal zu fahren im Vordergrund. …“ 

Nach wiederum mehreren Übersiedelungen wurde im Jahr 1953 der „Hubertushof“ in Aflenz gepachtet. Wenige Jahre später lernte Hans seine erste Frau Grete kennen, die er 1962 heiratete. Aus dieser Ehe gingen die Kinder Heinz und Margit hervor.

In diesen Jahren kaufte sich Johnny sein erstes Motorrad und nahm auch an Motorradveranstaltungen teil. Seine Erfolge und guten Leistungen bescherten ihm für 1959/1960 einen Werkvertrag bei Puch. Big John bedankte sich 1959 mit dem Staatsmeistertitel und 1960 mit dem Sieg im Trophy-Team bei der Sechstagesfahrt in Bad Aussee dafür. 

Durch die Heimkehr seines jüngsten Bruders Ulli ( der 1973 seine liebe Edith geheiratet hat ) , wurde eine neue Ausrichtung des Hotel Hubertushof geschaffen. Edith u. Ulli  übernahmen im Jahr 1974 die Geschäftsführung des elterlichen Betriebes und legten mit neuen Ideen, Gründung des 1. Österreichischen Motorradhotels und BLM-Motorräder den Grundstein dafür,  dass Hans aus seiner Berufung seinen Beruf als leidenschaftlichen Schrauber ausüben konnte.

Ausgestattet mit der Garage im elterlichen Hubertushof und der Erfahrung von Ulli, der 10 Jahre zuvor mit Bruder Horst einen Motorrad Import mit den Marken Rickman Metisse und Bultaco zum ersten Mal in der Hubertushof Garage gestartet hatte, war der Grundstein für einen zweiten Anlauf gelegt.

Durch die Erfahrungen von Ulli mit Rickman u. Bultaco, begannen die Leitner Brüder mit dem Import von Ossa-Geländesport-Motorrädern. Die Geschäfte entwickelten sich sehr gut und sicherten Aflenz schon im Folgejahr einen hervorragenden Namen in der Offroad-Szene. So wurde das Importprogramm auf den Hersteller Montesa erweitert. Die Anekdoten von Abenteuern im Rahmen der diversen Zollabwicklungen aus der damaligen Militärdiktatur von Francisco Franco in Spanien sind abendfüllend und sind beispielsgebend für den damaligen Unternehmensgeist und -erfolg. 

1977 folgt der nächste betriebliche Turboschub mit dem Generalimport-Vertrag für den italienischen Hersteller Fantic-Motor. Händler bzw. Generalimporteurverträge für BMW, Honda, Yamaha, Kawasaki, Malaguti, Ducati, Cagiva, Husqvarna und PGO zeugen von der geballten Kompetenz und Sonderstellung von BLM. 

Mit der Übernahme des Generalimports für Gas Gas im Jahr 1995 mischte BLM den Motorradverkauf neuerlich von vorne weg auf und baute den kleinen österreichischen Markt zum drittgrößten Absatzmarkt für Gas Gas auf.

Hans sorgte als Werkstättenleiter von Anfang an, dass BLM-Kunden immer zuverlässig und erfolgreich unterwegs sein konnten. Seine Technikbegeisterung machte auch nicht Halt vor Neuem. Seine Kinder witzelten darüber, dass er sicher mehr Funktionen an seinem Smartphone nutzen würde, als die Jungen. 

Die Firmengründer voran, war das BLM-Team bei unzähligen Motorradveranstaltungen als Betreuer oder selbst im Starterfeld vertreten. Dabei standen sie nebenbei Ihren Kunden und Freunden auch als Schrauber vor Ort zur Verfügung. Ein Serviceverständnis, das Hans und Bruder Georg auch ihren Söhnen Heinz und Wolfgang weitergegeben haben, die später eine wichtige Rolle im Hause BLM bekleideten. Wer Johnny suchte, fand ihn in der Werkstatt oder am Motorrad, egal ob in der Firma oder privat zu Hause.

Aus seiner Beziehung zu seiner zweiten Liebe Anni folgten seine weiteren Kinder Kordula, Johann und Anna. Seine fünf Kinder bescherten ihm insgesamt elf Enkel, mit denen er mit großer Leidenschaft engen Kontakt hielt.

Hans Leitner wird uns als leidenschaftlicher Motorradfahrer und hoch kompetenter Schrauber in Erinnerung bleiben, der die Werkstätte eines der – gerade für den Trialsport – bedeutsamsten Motorrad-Handels-Unternehmen Österreichs führte. Der BLM-Grundsatz „Wir sind die Zweirad Berater die sich ihre Erfahrung erfahren haben“ führte viele Menschen zum Trialsport. Der bodenständige und stets ruhige Charakter des Werkstättenleiters Johnny brachte viele Menschen dazu, beim Trialsport zu bleiben. 

Wenn es einen Herrgott gibt, wird er Hans Leitner im Himmel ein Motorrad zur Verfügung stellen. Und wenn Hans auch noch etwas Werkzeug dazu kriegt, kann es auch eine „untaugliche Kraxn“ sein, der Hans wird das dann schon richten!

Hans Leitner wird uns unvergesslich in Erinnerung bleiben