A-Cup Kufstein, 11.-12. August 2012
Vernunftsimmun
Das Klassik-Trial ist als Tummelplatz für Individualisten prädestiniert. Welch anderer Grund, als die ganz spezielle Definition der Klassik-Trialer von „Spass“, kann das Bewegen von veraltetem bzw. sogar völlig ungeeignetem Motorrädern in teilweise anspruchsvollem Gelände plausibel machen?
Diese Gruppe der Motorrad-Begeisterten scheint auch resistent gegenüber vernunftbasierenden Argumenten, wie z.B. mit modernem Geräte ließe es sich wesentlich einfacher fahren. Kein Wunder, wenn der Sinn für Gehorsamkeit gelegentlich schwach ausgeprägt ist.
Wie bei den Briten
Nur wenige Fahrzeuge zeugten Freitag, spät abends im Steinbruch in Schwoich davon, dass nur wenige Stunden später der zweite Bewerb des A-Cup 2012 gestartet werden würde. Ein einzelnes Veranstalterzelt sowie ein aufgestelltes Dixi-Klo gaben jedoch Sicherheit, nicht falsch angereist zu sein. Erinnerungen an Trials in England werden wach, bei denen das Leben auch erst kurz vor dem Start zu beginnen scheint. Kurz nachdem die Motorräder aus dem Renault Espace von Erich ausgeladen und das Matratzenlager im Wagen eingerichtet war, begann es leicht zu regnen. In einem Steinbruch für Zementabbau ist das durchaus angenehm. Der Staub wird gebunden, für die Sektionen ist das kein Problem, da das Wasser ohnedies rasch im Schotterboden versickert.
Profis für das Wichtigste
Zeitig am Samstag morgen begannen rege Aktivitäten. Lois, ist Gastwirt und betrieb die Imbiss-Bude vor Ort. Diese zentrale Aufgabe hatten die Veranstalter vom MSC Kufstein outgesourced. Lois war glücklicherweise ein Frühaufsteher und wusste als Profi haargenau, welche Gerätschaften in der Früh zuerst funktionieren müssen: Nach dem ersten Kaffee schien die Sonne gleich viel heller, als sie es ohnedies schon tat. Das Nennbüro wurde zeitig um 9.00 Uhr eröffnet, da die Gruppenwertung etwas mehr Vorbereitung und Organisation vor dem Start benötigt, als Wertungen mit individueller Punktekarte und Punkterichter bei den Sektionen. Außerdem erhielten auch alle Teilnehmer ein Nummernschild mit aufgedrucktem Namen des Fahrers, der Klasse sowie Angaben zum Motorrad. Dieses Schild erleichterte auch das Anreden der Gruppenteilnehmer untereinander per Namen von Anfang an.
Das Bangen des Sektionsbauers
Bei der Begrüßung schien Arnold Kremlicka, der Hauptverantwortliche für den Sektionsbau, etwas verunsichert, weil er meinte, die Sektionen könnten zu sehr auf der schweren Seite liegen. In der Tat waren die Punktezahlen in den Klassen Gentleman und Expert ziemlich hoch, da sie technisch anspruchsvoll aber niemals gefährlich oder für die Schwächeren unfahrbar waren. Wer auf Wertung fuhr, war mit einem überlegten und bewusst gesetzten Fuß mehrfach gut beraten. Für die Klasse Gentleman war die Spur anspruchsvoll aber hervorragend getroffen, kupplungsfrei und mit schwerem Gerät sehr gut fahrbar. Am Abend merkten aber die meisten Teilnehmer, dass sie untertags guten Sport betrieben haben. Das Ergebnis der Klasse Modern zeigte wohl am eindruckvollsten wie genau die Sektionen passten. Während der spätere Sieger in der Spur Expert Emil Jahreis an zwei Tagen 27 Punkte hatte, kam der Veranstalter Frank Ortner auf seiner KTM Freeride auch gut ins Fahren und beendete den Bewerb mit einem Schnitt von 1,7 Punkten pro Sektion. Das traf umgesetzt auf fünfzehn Sektionen in allen drei Spuren zu, die täglich zweimal zu befahren waren und sonntags großteils abgeändert wurden. Die Tiroler nutzten das Platzangebot perfekt aus und boten Klassik-Trial-Sektionen vom Feinsten! Steilhänge auf- und abwärts, Auffahrten auf losem Geröll, schöne Waldsektionen mit tollen Wenden von und in den Hang, aber auch unterhaltsame Bachquerungen. Teilweise forderten Doppelsektionen die Kondition der Teilnehmer zusätzlich. Der Rundkurs führte um das Fahrerlager herum, was kurze Wege für Zuseher und Fotografen zu den Sektionen ermöglichte.
Selberfahren macht Freude!
Aus privaten Gründen fiel am Samstag nachmittag die Besetzung des Nennbüro aus. Es darf wohl als eine Stärke der schlanken Organisation betrachtet werden, dass es dennoch möglich war, dass alle Vertreter des Veranstalter-Clubs am Bewerb teilnehmen konnten und dennoch zeitgerecht die Auswertung fertig war. Der Tausch der vorbereiteten Punktekarten zwischen den Runden wurde kurzerhand an den Wirt delegiert.
Ziviler Ungehorsam
Der administrative Zwischenfall machte am Samstag eine Nacherfassung nach dem Bewerb, sowie längere Vorbereitung für den Sonntag erforderlich. So waren die Arbeiten erst erledigt, als der Wirt bereits den Grill abgeschalten und gereinigt hatte. Eine Wurstsemmel und zwei oder drei geleerte Getränkebecher später setzte bereits die Dunkelheit ein. Wenig Zeit zur Wartung des eigenen Motorrades also. Am Sonntag ging es wieder früh am Vormittag los mit der Administration. Gefrühstückt wurde zwischendurch im Nennbüro. Erst nachdem alle Teilnehmer vom Start waren, wurde das eigene Motorrad betankt und zu starten versucht. Da der Benzinhahn über Nacht irrtümlicherweise geöffnet blieb, wurde offensichtlich Vergaser und Kurbelwellenraum vollkommen überschwemmt. Dieser Umstand wurde erst erkannt, als sich das erste Lebenszeichen des Motors mit dem lauten Knall einer Fehlzündung bemerkbar machte und danach ein Gas-Nebel bei jedem Ankick aus der Zylinderkopfdichtung gegen den Rahmen versprüht wurde. Zylinderkopfdichtung war hinüber, die Laune sank ins Unterirdische. Den zufällig anwesenden Bernhard Ruh bat ich, den Kollegen meiner Gruppe Bescheid zu sagen, dass sie ohne mich starten sollten.
Doch anstatt meiner eindeutig formulierten „Anweisung“ folge zu leisten, kam zuerst Gerhard, dann Erich, dann Hubert und im Gefolge alle weiteren Gruppenteilnehmer. Plötzlich arbeiteten so viele fachkundige Hände an meinem Motorrad, dass man mich nicht einmal mehr eine simple Schraube öffnen oder schließen ließ. Unglaublich wenig Zeit später, war die defekte Dichtung vollkommen entfernt, und die Bantam war wieder provisorisch einsatzbereit. Ohne diese Notreparatur versucht zu haben, kam für diese Clubmannen der Klasse PRE65 ein Bewerbsantritt überhaupt nicht in Frage.
Ein Beispiel für die besonderen Atmosphäre im Klassik-Trial, ein Beispiel für die gelebte Gemeinsamkeit auch innerhalb eines Bewerbes!
Die Qualität der Gruppenwertung
Die Gruppenwertung ermöglicht aber einen weiteren sehr schönen Aspekt, der sich auch aus den Ergebnislisten gut herauslesen lässt. Teilnehmer, die bei anderen Veranstaltungen alleine aufgrund des Altersunterschiedes kaum in Kontakt kommen, verbringen gemeinsam ein ganzes Wochenende und lernen einander in der Gruppe kennen. Jung und Alt kommen einander näher.
Ergebnisse
Ein glänzendes Beispiel für diese Dynamik ist die Klasse Modern: der Gewinner Emil Jahreis aus Deutschland gewann mit 27 Punkten vor dem weiteren Routinier Hans-Peter Egger aus Österreich mit 34 Punkten. Dahinter die beiden Youngsters und treuen A-Cup-Teilnehmer aus Österreich Michael Unterkircher (62 Punkte) und Lukas Wechselberger (69 Punkte). Für die Show innerhalb der Top-Gruppe sorgte der Fünftplatzierte Frank Ortner auf einer KTM Freeride (102 Punkte).
Wie das Who-is-who des österreichischen Klassik-Trialsports liest sich das Ergebnis in der Klasse Twinshock: Adamec Markus (32 Punkte) vor Joe Wallmann (45 Punkte) vor Weichenberger Bernhard (51 Punkte). Bester Nichtösterreicher war der weitgereiste Uli Rührupp aus Deutschland mit 79 Punkten an fünfter Stelle.
In der Klasse PRE65 feierte das bayrische Urgestein Sepp Lippacher mit 22 Punkten seinen Erfolg bei der Siegesfeier mit einem Kopfstand. Hubert Erbler folgte mit 36 Punkten vor Alfred Braun, 38 Punkten.
81 Teilnehmer kamen in den Steinbruch in Schwoich bei Kufstein, wovon 53 Teilnehmer in die Zweitageswertung kamen.
Fotogallerien:
164 Fotos von Andrea Weber. Danke für die Bilder!
43 Fotos von Erich Diestinger. Danke für die Bilder!
Ergebnisse:
Klasse PRE65
Pl | Name | Punkte |
1. | Sepp Lippacher | 22 |
2. | Hubert Erbler | 36 |
3. | Alfred Braun | 38 |
Klasse Twinshock
Pl | Name | Punkte |
1. | Markus Adamec | 32 |
2. | Joe Wallmann | 45 |
3. | Bernhard Weichenberger | 51 |
Klasse Modern
Pl | Name | Punkte |
1. | Emil Jahreis | 27 |
2. | Hans-Peter Egger | 34 |
3. | Unterkirchner Michael | 62 |