Alpen-Cup Campo Canavese, Ita 12.-13. Mai 2012
Im Zentrum und dennoch weit vom Schuß
Aus österreichischer Sicht darf man das Industrieviertel in Niederösterreich, ein Autostunde südlich von Wien gelegen, mit Recht als Trial Hot-Spot bezeichnen. Einige Clubs mit eigenem Gelände sowie viele erfolgreiche Fahrer sind hier beheimatet. Als hier wohnhafter Klassik-Trialer mit internationalem Interesse fühlt man sich hingegen regelmäßig dem Bosporus näher als den zentraleuropäischen Veranstaltungen. Die Leute aus dem Ruhrpott haben es zum Klassik-Trial in Campo Canavese in Italien, nördlich von Turin gelegen, mit etwas über 920 Kilometer um nichts weiter als ich aus dem viel südlicher gelegenen Österreich!
kein Zweifel
Obwohl sich für mich Fahrgemeinschaften aus verschiedenen Gründen auflösten und ich alleine fahren musste, war meine Teilnahme in keiner Sekunde in Frage gestellt. Ich kannte die Veranstaltung aus 2010 und wusste bereits welche Highlights mich erwarten würden.
ein Mulatrial
Die Veranstaltung unter der Leitung von Giovanni Dughera hat auch innerhalb der italienischen Klassik-Szene eine Sonderstellung. Laut Ausschreibung der veranstaltenden Clubs des MC Casalborgone und MC Valle-Sacre ist das Event als „Mula-Trial“, also als Wandertrial bezeichnet. Der Bewerb zählt auch nicht zur italienischen Klassik-Trial-Meisterschaft. Der Wettbewerbsgedanke scheint überhaupt zweitrangig zu sein. Das Treffen von Freunden in entspannter Atmosphäre bei Trial und ausgezeichnetem Essen und Trinken steht im Vordergrund. Zahlreiche Teilnehmer aus Frankreich, Schweiz, sowie Österreich und Deutschland, aber auch Spanien, Schweden sowie Isle of Man pilgern alljährlich in das kleine Bergdorf, nördlich von Turin am Eingang ins Aosta-Tal gelegen.
Auftakt zum Klassik-Trial Alpen-Cup
Kaum eine Veranstaltung könnte also besser geeignet sein, um als Auftakt für den erstmals ausgetragenen Alpen-Cup zu dienen. Dieser neugeschaffenen Serie folgen Bewerbe in am 7.-8.7.2012 in Salzstiegl (Ö), 28.-29. 7.2012 in Biberach (D) und 18.-19. August 2012 in Moudon (Ch).
In geführten Gruppen
In diesem Jahr wurde der Bewerb unter dem Dachverband des italienischen Motorsportverbandes FMI ausgetragen. Folglich benötigte jeder Teilnehmer eine sogenannte Tessera, eine Clublizenz, die bei Bedarf vor Ort ausgestellt wurde und für alle Klassik-Trials der FMI im Kalenderjahr Gültigkeit hat. Nach der Abwicklung der formalen Angelegenheiten im Nennbüro suchten und fanden sich die Gruppen. Diese Gruppen waren bunt über alle Klassen hinweg gemischt, so starteten in der Gruppe „Deteschi“: Michael Ernst, Ralph Görlich und Jacek Swider aus Deutschland, beide auf Yamaha TY, Ueli Meier, Patrick Frei (beide Honda), Walter Frei (BSA) aus der Schweiz, Alfred Wagner (BSA) aus Österreich, sowie die beiden weiteren Schweizer Marcantoine Delacretax (Bultaco) und Vincent Perruchoud (Guzzi), die besonderes Aufsehen erregten. Deren Anreise erfolgte mit einem Opel Rekord, Baujahr 1968. Während Marcantoine bis hin zur Frisur jederzeit als Double von Martin Lampkin, dem Weltmeister von 1975 durchginge, erinnerte Vincente mit seinem Sternenbanner-Helm an die amerikanische Stunt-Legende aus den Siebziger Jahren Evel Knievel. Aber auch innerhalb der Sektionen sorgte gerade Marcantoine mit seinem High-Speed-Fahrstil für viel Gejohle bei den Zusehern aufgrund seiner spektakulären Cleans und Ritte.
Der Veranstalter stellte für jeder Gruppe zwei Guides ab, die auf der Zwischenstrecke zu den Sektionen führten und auch die Funktion der Punkterichter übernahmen. Aber innerhalb kürzester Zeit war die Gruppe ein gewachsenes Team, das sich in perfektem deutsch-italienisch-englischem Sprachgemenge unterhielt.
Dinner mit lokalen Spezialitäten
Am Samstag Abend gab es wieder das traditionelle Dinner für die Teilnehmer und Besucher. Dieses gesellige Beisammensein, in Kombination mit den ausgezeichneten Speisen und Getränken ist ein besuchenswertes Highlight für sich. Als besonderes Bonbon gab es für die Gruppe Tedesci zuvor auch noch eine Kellerführung von Allessio dem Gruppen-Guide, mit Verkostung im Rahmen des Dinners. Mit einem Wort: Excellent!
Hitze und Regen
Während am Samstag bei Hitze und drückender Schwüle gefahren wurde, hingen die Wolken am Sonntag morgen tief in den Bergen. Die unklare Witterungssituation veranlasste die Organisatoren auf Nummer Sicher zu setzen und die geplante große Runde mit einer Länge von über 20 Kilometer, die aber auch hoch in die Berge geführt hätte, abzusagen und stattdessen die Runde vom Samstag zweimal befahren zu lassen.
Unterhaltsamer Rundkurs
Für Samstag war nur eine „kleine“ Runde mit 10 Sektionen und etwa 12 Kilometer Länge vorbereitet. Die Zwischenstrecke führte großteils entlang von Straßen und Wegen. Besonders eindrucksvoll war die Passage nach der zweiten Sektion, die durchaus Erinnerungen an die Highlands in Schottland weckte.
Die Sektionen waren typisch für den italienischen Geschmack sehr lang und rund gesteckt. Die Sektionen auf dem blanken Fels strapazierten immer wieder das Nervenkostüm und forderten etwas Überwindung von den Teilnehmern. So gab es zum Beispiel wieder die Steilauffahrt auf blankem Felsen. Technisch nicht schwer, aber es ging um einen Baum herum, ohne Notausstieg. Fehler könnten hier unangenehme Folgen haben. Michael Ernst aus Deutschland kann nach einem wilden Abstieg diesbezüglich seine ganz persönliche Geschichte erzählen.
Kurz vor dem Fahrerlager erwartete die Teilnehmer noch eine unterhaltsame Schlußsektion, die fahrerisch sehr anspruchsvoll war. Eine Steilabfahrt auf lehmigen Boden führte in ein tief gelegenes Bachbett, in dem eine Kehre mit anschließender felsiger Steilauffahrt und Querung auf lehmigen Boden mit Wurzelausfahrt zu absolvieren war. Der Regen zwischendurch machte die Passagen teilweise äußerst rutschig, auch Experte wie der ehemalige italienische WM-Teilnehmer und SWM-Werksfahrer Danilo Galeazzi musste sich hier Strafpunkte in die Ergebnisliste eintragen lassen. Patrick Frei aus der Schweiz baute mit seiner Honda TL250 dermaßen viel Grip auf, dass er sogar für den von ihm geplanten Sicherheitsfuß zu schnell war und folglich die Sektion spektakulär nullte! Michael Ernst aus Deutschland erwischte es hier doppelt. Am Samstag verweigerte der Motor seiner Yamaha bereits vor der Auffahrt den ordnungsgemäßen Dienst. Das Motorrad musste unter Mithilfe Vieler aus dem Graben gezogen werden.Dabei war lediglich der Luftfilterschlauch abgerutscht. Am Sonntag musste vor dieser Sektion das Motorrad getauscht werden, da ein Getriebeproblem jeden Gangwechsel verhinderte.
Phantastisches Flair
Bei einem Besuch in Campo Canavese ist von der ersten Minute sofort spürbar und klar, dass der Bewerb viel eher der Anlaß zu einem geselligen Treffen als der Ermittlung eines „Gewinners“ dienen soll. Das Flair im Fahrerlager mit seinen Internationalen Besuchern ist großartig. Das Fahren in Gruppen ermöglicht das Zustandekommen von neuen Bekanntschaften. Die treue Fangemeinde aus Deutschland, Schweiz und Österreich macht eine Teilnahme für deutschsprachige Fahrer, auch ohne Italienisch-Kenntnisse einfach.
Eine Veranstaltung mit den typischen italienischen Qualitäten, die in jedem Klassik-Trial Kalender dick markiert sein sollte!
Info-Zone
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Pat the Smoker (Montag, 25 Juni 2012 21:24)
Ciao Alfredo, das war wirklich ein tolles Erlebnis, ein Higlight 2012 und unsere Gruppe "Tedesci" war top. PS. soll ich mal mit dem kleinen Schubkarren-Rad fahren? Gruss Patricio
Michael the Destroyer (Dienstag, 26 Juni 2012 12:37)
Ciao Alfredo,
kann smoking Pat nur zustimmen.Eine Super Gruppe und mal wieder das perfecte Wochenende.
Ciao:Micha