PRE65 Scottish Two Day Trial
Freitag, 29.4.2011, erster Bewerbstag
Endlich Freitag!
Diesmal waren Gerhard und Martin schon früher vor Ort. Schon bei der Vorbereitung zuhause hatten wir beide entschieden, dass wir keine Fotoapparate mit uns nehmen würden. Wie wir später feststellen würden, war das eine weise Entscheidung. Fotografieren und Fahren vertragen sich schlecht. Außerdem ist es meist konditions- und zeitraubend. Gerade letzteres war für mich wichtig, da ich wusste, dass ich mit der Bantam aufgrund der kurzen Übersetzung nur langsam unterwegs sein würde. Auch Keith Wells erzählte mir davon, dass er im Vorjahr auf seiner DMW 200 Starrahmen Zeitstrafpunkte ausfasste, obwohl er sich beeilte und kein technisches Problem hatte. Mit Gerhard war vereinbart, dass wir jedenfalls gemeinsam bleiben fahren wollten. Da wir beide eine gerade Startnummer hatten, war auch gewährleistet, dass wir den Bewerb in die gleiche Richtung in Angriff nahmen. Um das Starterfeld besser aufzuteilen und Staus zu verhindern, werden im Minutentakt immer zwei aufeinander folgende Startnummern in den Bewerb geschickt. Die Ungeraden Startnummern beginnen bei Sektion Nummer eins und die geraden Startnummern mussten zur Sektionsgruppe sechs.
Auf bekanntem Terrain?
Den Weg zu dieser Sektion kannte ich bereits, denn Sektions-Gruppe sechs war die Pipeline! Obwohl ich mir die Spur bereits am Vortag angesehen und überlegt hatte, ging ich natürlich nochmals hoch. Schon die ersten Fahrer, die ich sah zeigten warum die Pipeline so populär ist. Auch der harmlos erscheinende erste und flache Teil zeigte seine Zähne, zumal noch viele lose Steine herumlagen und die Spur sehr unruhig war. Wer motorisch und fahrwerkmäßig dazu in der Lage war, fuhr hier so schnell er konnte. Für mich war das kein Lösungsansatz, der Starrahmen würde bei höherer Geschwindigkeit sofort unkontrollierbar herum springen und dabei vollständig die Traktion verlieren. Hans Greiner zeigte beim A-Cup auf der Sarolea 620 von Peter Ehringer vor, wie langsam Geröllfelder durchrollt werden können, mit welcher Geduld und Traktionsgott-Vertrauen man auf Griff trotz durchdrehenden Hinterrad warten kann. Also ab in die Knie, Beine auseinander und geduldig eine saubere Spur ziehen. So war es halt geplant.
Wunsch und Wirklichkeit...
Die Praxis sah dann leider so aus, dass der erste Fuß schon früh die das Geröll spürte. Aus Angst vor einem Stillstand kamen dann gleich die weiteren Punkte. Es fehlte der Rhythmus, es fehlte die Balance. Doch nach dem Bewältigen der ersten Felsstufe war klar: Ich wollte auch das E-Schild sehen! Mit kräftigem Fußeinsatz und trotzdem möglichst viel Zug am Lenker schaffte ich einen Kampfdreier in der zweiten Subsektion, der auch mit anerkennendem Applaus der Zuschauer honoriert wurde. Eigentlich hätte ich zu diesem Zeitpunkt schon wieder alles einpacken und nach Hause fahren können: Als erste Sektion des Bewerbs die Pipeline bewältigt, Applaus erhalten, Amateur-Trial-Herz, was willst du mehr! Naja, da soll es aber auch noch diese Zwischenstrecke geben, und Sektionen wie, Cnoc a Linnhe, Caolasnacoan, Camas na muic, Mamore und Lower Mamore… Aber daran war im ersten Moment nicht zu denken. Es dauerte wohl zwei oder drei Teilnehmer, bis ich wieder den Puls auf Normalniveau hatte und vollständig Luft bekam. Der Nachteil, mit der niedrigen Startnummer ein „Sektionsputzer“ in der Pipeline zu sein, wurde augenscheinlich dadurch ausgeglichen, dass diese Sektion am Anfang war und diese Teilnehmer noch in bester konditioneller Verfassung waren.
Für Gerhard begann der Bewerb gleich mit einer Null in der ersten Subsektion, dieses Erfolgserlebnis wurde leider jäh beendet, da er an der ersten Felsstufe in der zweiten Subsektion hängen blieb.
Nur keine Fünf!
Die beiden Sektionen der Gruppe Aluminium Works sollten sich von der persönlichen Zielsetzung kaum von den übrigen Sektionen unterscheiden: Nicht stehenbleiben, nur darauf bedacht sein, die E-Tafel zu sehen. Das schafften Gerhard und ich mit jeweils zwei Dreiern.
historischer Boden blieb von mir unerkannt!
Am Weg zur darauf folgenden Sektion hätte ich mich beinahe verfahren. Mit Gerhard gemeinsam fanden wir dann aber gleich wieder den richtigen Weg. Bei der Sektion angekommen, prüften wir nochmals genau den Namen, damit wir sicher waren, nichts übersehen oder ausgelassen zu haben. In dieser Sektion fasste ich meine erste Fünf aus und auch Gerhard tat es mir gleich gleich. Leider kann ich mich überhaupt nicht mehr an das Profil der Sektion erinnern, ich weiß nicht mehr wie sie aussah!
An sich wäre das nichts Besonderes oder extra erwähnenswert. Aber nicht eimal bei der Kontrolle des Sektionsnamen viel es mir auf, wo ich nur kurz später scheitern sollte.
Es war in „Jackson’s“, jene Sektion in der Gordon Jackson bei der SSDT 1961 seinen einzigen Fuß setzte und dabei fotografiert wurde.
Das nächste persönliche Highlight
In der darauffolgenden Sektionsgruppe Coire Na Ba, sah ich erstmals eine gute Chance meine erste Null in die Ergebnisliste eintragen lassen zu können. Die erste Subsektion hätte dazu entsprechende Gelegenheit bieten sollen. Doch ein leichtfertig gesetzter Fuß machte dieses Vorhaben zunichte. Aufgrund des bis dahin Gesehenen, erwartete ich nur mehr wenige Gelegenheiten eine Null eintragen lassen zu können, was ich mir schon noch als persönliches Ziel setzte. Es ging weiter nach Allt Nan Slatan. Hier schien der erste Teil der Doppelsektion etwas anspruchsvoller als in der Doppelsektion zuvor, aber dennoch hätte eine Null möglich sein können. Für die zweite Subsekton war nur Schadensbegrenzung, also eine Drei für mich denkbar. All die frommen Wünsche schienen mit einer vollkommen unnötigen Zwei im ersten Abschnitt zu entschwinden, als im zweiten Abschnitt Tempo, Balance und Spur stimmten und die erste Null eingetragen werden konnte. Dieses gute Gefühl, das mir der Applaus und den nach oben gezeigten Daumen der Anwesenden in diesem Moment hatte, kann noch heute abrufen.
Ein Hauch von Sixdays
Die ersten darauffolgenden Meter Zwischenstrecke zur Gruppe Mamore Path waren für uns etwas unklar markiert und ich fragte den Observer (= Punkterichter) nach dem Weg, der uns nur die Richtung und den etwas entfernt sichtbaren Wanderweg zeigte. Also fuhr ich, wie mir gezeigt wurde, in direkter Linie über die Wiese, einen Abhang in Richtung des Wanderweges, Gerhard folgte mir. Die Landschaft ließ sich am besten mit einer Almwiese bei uns vergleichen. Den kurzen Zweifel, da ich keine Spuren vor mir erkennen konnte, folgte gleich die Bestätigung. Die Grasnarbe brach für uns völlig unverhersehbar unter den Hinterräder auf und beide Motorräder steckten im schwarzen Morast. Glücklicherweise waren wir beide schnell genug und der ausbleibende Regen hatte die Erde auch etwas aufgetrocknet. Ohne viel Kraftaufwand konnten wir beide Motorräder sofort wieder frei bekommen. So kamen wir auch noch in den Genuss eine kleine Ahnung davon zu bekommen, was uns aufgrund der günstigen Witterung und vor allem des teilnehmerfreundlich gesteckten Rundkurses erspart blieb, bzw. was die Leute bei der SSDT zu leisten hatten und immer noch haben.
Das Lehrgeld der Rookies
Von Leacann Na Faire ging es dem Wanderweg folgend steil den Berg herunter. Der Weg war steinig, teils mit scharfkantigen Felsen und Steinen versehen und anderenorts hatte das Wasser tiefe Rinnen ausgewaschen. An Passagen wie diese macht das Fahren mit einem Starrahmen besonderen Spaß. Da die Gabel schwach bzw. unter-dimensioniert ist, schlägt sie bei jeder gebotenen Gelegenheit durch. Um Gabel und Handgelenke zu schonen muß das Gewicht extrem nach hinten verlagert werden. Da sich aber die Federungswirkung des Hinterrades vom Luftdruck des Hinterreifen abhängig ist, ist die „Leg-Suspension“ (Beinarbeit) besonders gefordert. Konkret bedeutet das eine permanente Hocke-Position, wie beim Schifahren. Mit der kleinen Fleißaufgabe, dass das linke Fußgelenk für die Bremse laufend die richtige Dosierung finden sollte. An der folgenden Sektion angekommen, hätte man durchaus eine Eierspeise auf meinen Oberschenkeln anbraten können, so heiß waren die. Ich mußte mir aber keine Sorgen um meine Kondition machen, da auch Gerhard von der Abfahrt gezeichnet war. Außerdem erkannten wir, dass es besser gewesen wäre, wenn Gerhard in solchen Passagen voraus fahren würde, da er mit seinem Motorrad etwas schneller unterwegs sein würde und dabei Kraft sparen könnte. Lehrgeld, das wir Rookies zu zahlen hatten.
Zeitnot!
Für die lange Abfahrt wurden wir mit der Sektionsgruppe Loch Eilde Burn belohnt. Einer Gruppe von zwei Sektionen, die einem Bachbett in einem Waldstück folgten. Natürlich aufwärts, wie alle übrigen Sektionen auch! Andrea und Martin warteten schon ziemlich lange auf uns. Folglich wurden wir auch von Martin mit den Worten: „Ihr seid spät dran, und müsst Gas geben!“ begrüßt. Wir hatten nirgendwo getrödelt, da ich keine Uhr bei mir hatte, machte ich mir bis dahin keine Sorgen. Andererseits hat uns Steve Saunders mit Startnummer 104 am Berg schon überholt. Auch alle übrigen Teilnehmer um uns herum hatten Startnummern zwischen 60 und 80…. Also nahmen wir uns nur wenig Zeit für Erholung von der Abfahrt und legten gleich weiter los. Während ich in der ersten Sektion eine zweite Null eintragen lassen durfte, scheiterte Gerhard mit stehendem Motor, der erst nach ein paar Versuchen am Kickstarter wieder die Arbeit aufnehmen wollte. Scheinbar hatte die lange Abfahrt der Zündkerze zu arg zugesetzt. Mit einer neuen Kerze war das Problem aber wieder rasch behoben. Nach einer folgenden Gruppe ging es wieder zu Start und Ziel um die zweite Schleife, die nun mit der Sektion 1 begann, zu absolvieren. Von Kinlochleven ging es meist der Straße am Südufer des Loch Leven entlang.
Ölverlust bei Gerhards BSA
Die erste Sektionsgruppe, Cnoc A Linnhe, bestand aus vier hintereinander liegenden Sub-Sektionen, die steil bergauf einer steilen Schotterrinne mit losem Untergrund folgten. Der Schwierigkeitsgrad wird wohl am besten anhand der Punkte von Gerhard (0-5-5-5) bzw. mir (2-5-5-5) beschrieben. Die Sektionen an dieser Seite des Berges ähnelten sich großteil im Charakter. Auffahrten auf losem Schotterboden, auf denen sich Gerhard sichtlich wohl fühlte. In solchen Sektionen konnte er sich insgesamt drei Nullen eintragen lassen. Den Höhepunkt in diesem Zusammenhang bildete Caolasnacoan (diesen Namen kann ich nicht einmal jetzt, wo ich ihn schreibe, aussprechen). Hoch oben am Berg mit einer atemberaubenden Sicht hinunter auf den Loch Leven gelegen, war das wohl eine der technisch anspruchsvollsten Sektionen. Nach einer elendslangen Auffahrt auf losem Untergrund war eine schräge Felskante zu passieren, die das Ende meiner guten Vorsätze markierte. Es wäre danach noch auf losem Schotter etwas weiter gegangen, aber das hatte ich gar nicht mehr genau besichtigt. Die Aussicht überhaupt bis hier her zu kommen betrachtete ich als sehr gering, was sich dann auch bestätigt hatte. Manche Teilnehmer knallten richtiggehend der Berg hoch. Der Sound sorgte regelmäßig für Gänsehaut. Gehard scheiterte mitten in der Auffahrt und Zuschauer liefen ganz aufgeregt auf Ihn zu. Zum Glück war schnell klar, dass es sich scheinbar um ein technisches Problem an seiner BSA zu handelte. Erst nach einiger Zeit kam er wieder den Berg herunter und meinte: „die C15 hat eventuell ein gröberes Problem, sie hat einen großen Motoröl-Verlust.“ Nach gründlicher Überprüfung schien keine Leitung gebrochen zu sein, dem Anschein nach dürfte eine Dichtung seinem Namen nicht mehr ganz gerecht gewesen sein. Wir waren zu diesem Zeitpunkt aber am entferntesten Punkt der Veranstaltung von Start und Ziel entfernt. Gerhard entschied die Rückfahrt zu wagen und prüfte laufend den Ölstand. Um den Ölverlust gering zu halten, fuhren wir extra langsam.
Jede Minute zählt
Wir fuhren noch langsamer als es mit der Bantam möglich gewesen wäre. Wir erreichten gemeinsam die letzte Sektionsgruppe, Camas na Muic, die aus zwei Sektionen innerhalb eines Bachbettes bestand. Große und rutschige Steine waren das Kriterium. Die günstige Lage neben der Straße, die leichte Zugangsmöglichkeit sowie die freie und gute Sicht machten diese Sektionen zu einem beliebten Treffpunkt für Zuseher und Fotografen.
Ohne viel Zeit zu verlieren absolvierten wir diese Sektionen. Die C15 schien soweit zu funktionieren. Aufgrund der mittlerweile akuten Zeitnot von Gerhard und mir fuhr ich die restlichen paar Kilometer zum Ziel im Alleingang voraus. Hätte Gerhard jetzt noch ein Problem, hätte ich Hilfe vom Fahrerlager aus organisieren können. Gerhard deutete an, dass wir knapp innerhalb der Karenzzeit liegen könnten, die uns zwar Strafpunkte für die Zeitüberschreitung kostete, aber uns andererseits im Bewerb beließ. Im Ziel angekommen, lautete meine erste Frage: „ Bin ich morgen wieder dabei, oder bin ich draussen?“ , „kein Problem, Strafpunkte (45) aber morgen geht es weiter…“. Da viel mir ein Stein vom Herzen, dass Glück wurde vervollständigt als Gerhard wenige Minuten später eintraf, 54 Zeitstraf-Punkte kassierte aber auch im Bewerb blieb.